Home | Finanzlexikon | Wirtschaftslexikon | Überblick
Wirtschaftslexikon
Ausgabe 2017
Suche :        
   A   B   C   D   E   F   G   H   I   J   K   L   M   N   O   P   Q   R   S   T   U   V   W   X   Y   Z   

Finanzausgleich

System von Beziehungen zwischen den Gebietskörperschaften eines Staates bzw. zwischen souveränen Staaten (internationaler bzw. supranationaler Finanzausgleich), das sowohl die Verteilung der Aufgaben und damit Ausgaben (passiver Finanzausgleich) als auch die an die Verteilung der Aufgaben anzupassende Verteilung der Einnahmen umfaßt (aktiver Finanzausgleich). Der Bedeutung der Aufgabenverteilung gerechter wird der umfassendere Begriff Finanz-Föderalismus (fiscal federalism). Der vertikale Finanzausgleich regelt die Beziehungen zwischen über- und untergeordneten Gebietskörperschaften (z.B. zwischen Bund und Ländern), der horizontale die zwischen souveränen Staaten oder zwischen Gebietskörperschaften gleicher Ebene (z.B. zwischen den Ländern). Sofern beim vertikalen Finanzausgleich die unterschiedliche finanzielle Lage der untergeordneten Gebietskörperschaften berücksichtigt wird (z.B. durch unterschiedliche Zuweisungen der Lander an die einzelnen Gemeinden), spricht man von einem vertikal-horizontalen Ausgleich. Die konkrete Ausgestaltung des Finanzausgleichs hängt von der Gewichtung der angestrebten, nicht immer kompatiblen politischen und ökonomischen Ziele ab. Politische Ziele sind Autonomie durch finanzielle Unabhängigkeit und Freiraum zur Bürgerbeteiligung bei der Bestimmung von Höhe und Art der Staatsausgaben und -einnahmen; ökonomische Ziele sind einheitliche Lebensverhältnisse, optimale Allokation und optimales Wachstum im gesamten Gebiet. Die Notwendigkeit der Schaffung einheitlicher Lebensverhältnisse nimmt mit der Mobilität der Bürger ab und findet ihre Grenze in regionalpolitischen Zielsetzungen einerseits, der Respektierung unterschiedlicher örtlicher Präferenzen andererseits. Der Verteilung der Aufgaben sollte die Bestimmung der optimalen Gebietskörperschaftsgröße vorausgehen, die durch Gebiete von Bürgern mit homogenen Präferenzen, durch Produktionskostenverläufe (z.B. sinkende Durchschnittskosten bei öffentlichen Gütern) und durch die mit der Zahl der Gebietskörperschaften steigenden Entscheidungskosten bestimmt wird. I.d.R. sind Aufgaben mit überregionaler Wirkung (z.B. Landesverteidigung) dem Zentralstaat, solche mit regionaler Wirkung (z.B. Bau von Schwimmbädern) den Gliedstaaten zuzuweisen. Abgesehen von diesen Grenzfällen gibt es jedoch kein eindeutiges Verteilungskriterium. Auch das POPITZsche Gesetz der Anziehungskraft des zentralen Etats hat sich nur in bestimmten geschichtlichen Perioden bestätigt. Eine Alternative zur Zentralisierung bildet die z.B. bei den Gemeinschaftsaufgaben bestehende Kooperation von Gebietskörperschaften. Bei der Verteilung der Einnahmen können die Gebietskörperschaften entweder eigene            Steuern erheben (Trennsystem), wobei ein Steuerobjekt entweder nur durch eine (gebundenes Trennsystem) oder durch mehrere Körperschaften (konkurrierendes Trennsystem) belastet werden darf. Die Gebietskörperschaften können aber auch in festen oder variablen Quoten an ein und derselben Steuer partizipieren (Verbundsystem). In der BRD finden sich beide Formen (Mischsystem); Bestandteile des Verbunds sind die aufkommensstärksten Steuern. An der Einkommensteuer und Gewerbesteuer sind alle drei Ebenen beteiligt; Bund und Länder teilen sich die - Körperschaftsteuer mit festen, die Mehrwertsteuer unter Berücksichtigung der Finanzlage mit variablen Quoten. Das Trennsystem gewährleistet größere Autonomie, das Verbundsystem eine regional und im Konjunkturverlauf gleichmäßigere Einnahmenentwicklung. Da einerseits öffentliche Leistungen über die Grenzen der Gebietskörperschaften hinaus in Anspruch genommen werden können (spillouts und spillins) und andererseits ungleiche Wirtschafts- und Bevölkerungsstrukturen von Gebietskörperschaften gleicher Ebene Auswirkungen auf Steueraufkommen und Ausgabenbedarf haben, kann ein horizontaler Finanzausgleich erforderlich werden. Er kann sich an Leistungen an andere bzw. von anderen Gebietskörperschaften orientieren oder eine Angleichung der Differenz von Finanzkraft (im wesentlichen Steueraufkommen bei einheitlichem Steuertarif) und Finanzbedarf (standardisierter Ausgabenbedarf aufgrund von Daten wie Bevölkerungszahl, -dichte, -struktur, Landschafts- und Industriestruktur) anstreben. Sofern durch die Steuerverteilung und den horizontalen Finanzausgleich keine befriedigende Lösung erreicht wird, ergänzen Zuweisungen von oben nach unten oder auch in umgekehrter Richtung den vertikalen Finanzausgleich. Diese können. insbes. in der Form von Zweckzuweisungen mit Eigenbeteiligung, einen Autonomieverlust für die empfangende Gebietskörperschaft zur Folge haben. Die Rechtsgrundlagen für den Finanzausgleich finden sich in Deutschland im Grundgesetz, im Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern sowie im Gemeindefinanzreformgesetz. Literatur: Frey, D. (1988). Peffekoven, R. (1980). Oates, W.E. (1972)

Zahlungen des Bundes an die Länder sowie Zahlungen an die Kommunen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben. Zum Finanzausgleich zählen auch Zahlungen der Länder untereinander.
Der Finanzausgleich ist durch das Grundgesetz vorgegeben. Die Steuern mit dem höchsten Aufkommen werden zwischen Bund und Ländern geteilt. 50 % des Einkommen- und Körperschaftsteueraufkommens zahlt der Bund (Verteilungsschlüssel nach Anzahl und Wohnort der Steuerzahler bzw. Sitz der Unternehmen) an die Länder. Das Umsatzsteueraufkommen (Mehrwertsteuer) dient als Regulativ, um eine möglichst gleichmäßige Verteilung zu gewährleisten. Die Quoten werden jeweils zwischen Bund und Ländern ausgehandelt. Das System des Finanzausgleichs ist in der nachstehenden Grafik erläutert:
System des Finanzausgleichs

Finanzausgleich





<< vorhergehender Fachbegriff
 
nächster Fachbegriff >>
Fair value
 
Finanzderivate
 
Weitere Begriffe : Grenzrate der Substitution | UWG | Preisstabilität
 
Copyright © 2017 Wirtschaftslexikon.wiki
Finanzlexikon | Wirtschaftslexikon | Nutzungsbestimmungen | Datenschutzbestimmungen | Impressum
All rights reserved.