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Wirtschaftslexikon
Ausgabe 2017
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Streik

von einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern gemeinsam und planmäßig durchgeführte Arbeitseinstellung zur Erreichung eines bestimmten Ziels. Folgende Gesichtspunkte können zur Unterscheidung von Streikarten herangezogen werden: a) nach der Organisation: gewerkschaftlich organisierte oder ohne Beteiligung der Gewerkschaft geführte spontane (wilde) Streiks; b) nach den Motiven und Zielen: Lohnstreiks, Streiks um Arbeitsbedingungen, Einstellungen und Entlassungen sowie politische Streiks; c) nach der Taktik: Generalstreik (alle Arbeitnehmer legen die Arbeit nieder), Vollstreik (alle Arbeitgeber eines Wirtschaftszweiges werden mindestens von allen gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern bestreikt oder alle Arbeitnehmer eines Betriebes legen die Arbeit nieder), Schwerpunktstreik (wenn einzelne Arbeitgeber oder einzelne Abteilungen eines Betriebes bestreikt werden); d) nach legalen und rechtswidrigen Streiks: So respektiert das in der BRD geltende Recht in Anknüpfung an Art. 9 Abs. 3 GG (Recht der Vereinigungsfreiheit zur Wahrung und Förderung der Arbeitsund Wirtschaftsbedingungen) den Streik, doch knüpft die Rechtsprechung seine Zulässigkeit an einschränkende Bedingungen. So muss der Streik von einer Gewerkschaft geführt werden; die Forderungen, für deren Durchsetzung gestreikt wird, müssen tarifvertraglich festlegbar sein; die Friedenspflicht darf nicht verletzt werden; der Streik muss die ultima ratio sein, und während des Streiks darf nicht gegen straf- rechtliche Vorschriften verstoßen werden. Nicht nur auf die BRD bezogen lassen sich verschiedene Versuche, Streiks rechtlich einzudämmen, ausmachen: Notstandsgesetzgebung, Illegalisierung bestimmter Streikformen, Einschränkung des Streikrechts für bestimmte Gruppen (Beamte), staatliche Schlichtung. Das Streikverhalten ist in den einzelnen Ländern unterschiedlich. So zeigt die Streikstatistik, dass in der BRD im internationalen Vergleich relativ wenig gestreikt wird (vgl. Tab. auf S. 923). Theoretische Erklärungsansätze des Streikverhaltens liegen in großer Zahl vor: a) Streiks als Mittel des Klassenkampfes; b) Konjunkturabhängigkeit von Streiks: Hypothese, dass die Streikenden sich prozyklisch verhalten; c) Abhängigkeit des Streiks von der Finanzkraft der Gewerkschaften: Im Zeitablauf ist allerdings der Anteil der Streikausgaben an den Gesamtausgaben der Gewerkschaften gesunken. Eine Korrelation zwischen Streikaktivitäten und Finanzkraft der Gewerkschaften läßt sich also nicht feststellen; d) Theorien der kollektiven Verhandlungen: Im Rahmen dieser Theorien werden Streik und Streikdrohung für die Erklärung der Lohnhöhe besonders von John R. HICKS berücksichtigt. Nach HICKS stehen die Arbeitgeber in jeder Phase der Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften vor der Alternative, die gewerkschaftlichen Lohnforderungen zu akzeptieren oder abzulehnen. Beide Alternativen sind für die Arbeitgeber mit Kosten verbunden. Stimmen sie den Lohnforderungen zu, so erhöhen sich die Lohnkosten ihrer Unternehmen. Bei einer Ablehnung der gewerkschaftlichen Forderungen besteht die Gefahr, dass die Gewerkschaften einen Streik ausrufen. Ein Streik verursacht aber bei den einzelnen Unternehmen eine Gewinnreduktion (Produktionsausfall, fixe Kosten), die in ihrer Größe von der Streikdauer abhängig ist. Da sich die Arbeitgeber für die Alternative mit den geringeren Kosten entscheiden, wird die Bereitschaft der Arbeitgeber, höhere Löhne zu bewilligen, in dem Maße ansteigen, in dem die Arbeitgeber mit einer größeren Streikwilligkeit der Arbeitnehmer rechnen. Ähnliche Kostenüberlegungen stellen die Gewerkschaften an, für die der Streik mit einer finanziellen Belastung verbunden ist (Streikgelder). Nach HICKS wird demnach die Streikbereitschaft der Gewerkschaften in dem Maße zurückgehen, in dem die Arbeitgeber bereits höhere Löhne zugestanden haben. Bei gleicher Information der beiden Tarifpartner werden sich diese auf den Lohnsatz einigen, der durch den Schnittpunkt der Konzessionskurve der Arbeitgeber und der Widerstandskurve der Gewerkschaften gegeben ist. Streiks sollten nach diesem Modell nicht auftreten, wenn man davon absieht, dass Gewerkschaften die Streikwaffe ab und an benutzen müssen, um zu beweisen, dass sie noch nicht rostig geworden ist. Das Streikmodell von Orley ASHENFELTER und George JOHNSON basiert auf den HICKSschen Überlegungen. ASHENFELTER und JOHNSON greifen allerdings (wie Arthur M. ROSS und John T. DUNLOP) Informationsunterschiede und Interessendivergenzen zwischen Gewerkschaftsleitung und Mitgliedern auf. Die besser informierten Funktionäre vermeiden es aus Furcht vor einer Abwahl, ein Lohnangebot zu akzeptieren, das nicht den augenblicklichen Forderungen der Mitglieder entspricht. Ein Streik wird von den Funktionären ausgerufen, um die Lohnforderungen der Mitglieder so weit zu senken, dass ein Abschluss mit den Arbeitgebern möglich wird und die Position der Gewerkschaftsfunktionäre stabil bleibt. Kritisch anzumerken ist, dass den Gewerkschaftsmitgliedern ein sich wiederholendes irrationales Verhalten unterstellt wird. Neuere spieltheoretische Ansätze versuchen, Streiks auf der Grundlage des rationalen Verhaltens aller Akteure zu erklären. Bis auf wenige Ausnahmen waren in den meisten Jahren die in der Bundesrepublik durch Streik und Aussperrung verlorenen Arbeitstage absolut und auch im internationalen Vergleich vernachlässigbar gering. Literatur: Gärtner, M. (1989)
Streik

(engl. strike) Der Streik ist das Kampfmittel der Arbeitnehmer zur Erreichung arbeitsrechtlicher Ziele, beispielsweise einer verbesserten Arbeitszeit und Urlaubsregelung. Unter Streik versteht man die planmäßig und gemeinsam durchgeführte Arbeitsniederlegung durch die Arbeitnehmer, bis das gesetzte Kampfziel (z. B. höherer Lohn) erreicht ist oder die Streikmaßnahmen eingestellt werden. Der Streik ist nach herrschender Auffassung rechtlich nur zulässig, wenn er von den Arbeitnehmerverbänden (einer Gewerkschaft) nach einer Meinungsbefragung ihrer Mitglieder, der sog. Urabstimmung, organisiert wird. Rechtlich nicht erlaubt sind sog. wilde Streiks, die ohne die Organisation der Arbeitnehmerverbände durchgeführt werden, und solche Streiks, die zwar von den Arbeitnehmerverbänden organisiert werden, deren Kampfziel aber mit dem noch geltenden Tarifvertrag unvereinbar ist und die deshalb die tarifvertragliche Friedenspflicht verletzen. Der geschädigte Arbeitgeber kann von den Teilnehmern rechtswidriger Streiks Schadenersatz verlangen.

Das Kampfmittel der Arbeitgeber ist die sog. Aussperrung, bei der eine größere Anzahl der streikenden Arbeitnehmer von ihren Arbeitsplätzen fern gehalten wird. Die praktische Bedeutung der Aussperrung ist insofern beschränkt, als der Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitskampfes zur Weiterbeschäftigung verpflichtet ist. Die Aussperrung hat nur aufschiebende Wirkung, stellt also keine Kündigung dar.





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